Ein Bericht von Wilhelm Schneekloth (1904 – 1988):

Auch wenn man sonst nichts hatte, wollte man doch eine warme Stube haben. Kohlen waren rar und teuer. Im Krieg sammelten wir Jungen Koks bei der Kitzeberger Huk, alles, was die Heizer über Bord warfen, wurde dort angetrieben.
Doch jetzt, ein Jahr nach Kriegsende, gab es keine Kriegsschiffe mehr, und der Kieler Hafen lag leer. Also ging es mit dem Handwagen zum Christinentaler Tannenholz. Die Bekannten, die mitmachen wollten, hatten Förster Dittmann um Erlaubnis gebeten. Das aufgeschichtete Buschholz durften sie mitnehmen.
Einen Tag vor Heiligabend ging es los. Der Weg durch das Holz war schlecht und bei Schietwetter kaum zu begehen. Meine Mutter, Amanda Schneekloth, und Frau Schleert waren von Natur aus ängstlich. Jede Eule, die schrie, jagte ihnen einen Schreck ein, und wenn ein Hase im Gebüsch raschelte, bangten sie gleich. „Hätten wir nur unsere Männer mitgenommen!“, sagten sie.
Endlich erreichten sie das Tannenholz. Doch was war das? Zwei Männer standen dort, mit dem Rücken an einen Baum gelehnt und blickten ihnen entgegen. Die Frauen warteten, dass die Männer weitergingen, aber nein, sie blieben stehen. Die Angst wuchs. Sollten das etwa Räuber sein?
Nun kamen die Männer näher. Da packte die Frauen die Panik. Sie drehten die Deichsel des Wagens herum und machten kehrt, raus aus dem Wald, so schnell sie konnten. Oben am Stiftholz hielten sie endlich an, völlig außer Atem. Keine Menschenseele mehr zu sehen. Da standen sie nun, mit leerem Wagen und weinten.

Schüttbrehm Weg-min

Doch sie hatten Glück. Zufällig kamen ein paar Hofarbeiter vom Gut Schrevenborn vorbei, die halfen, den Wagen mit dickem Knüppelholz zu beladen. So kamen die beiden Frauen schließlich mit dem hochbeladenen Wagen glücklich nach Hause.
Als sie sich erholt hatten, mussten sie über ihr Abenteuer herzlich lachen. Und zu Weihnachten hatten wir eine warme Stube. Es gab Plättchen und Pferdebohnentorte mit Schlagamaschue. Es war doch eine schöne Weihnacht. Vater war auch da.

Ich möchte noch folgendes sagen: Die Ängstlichkeit in jenem Jahr hatte ihre Ursache. Die Not überall trieb die Menschen zu Dingen, die sonst hier nie vorgekommen waren. So wurde Heinrich Steffen, der Vater von Ella Ohm (Mitbegründerin der AWO Heikendorf), der damals Geldbote für die Arbeiter auf der Schanze Röbsdorf war, von maskierten Räubern überfallen und niedergeschlagen. Sie raubten das Geld. Dieses Ereignis versetzte das ganze Dorf in Aufregung.

Archivgruppe Heikendorf

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